Katonah Yoga auf Deutsch unterrichten – das gibts nicht oft. Wir haben unsere neusten Youtube Videos mit Steffi Grube aus dem This is Holy Yoga Studio in Köln aufgenommen. Wir freuen uns heute mehr über Steffi zu erfahren und über das Katonah Yoga auf deutsch zu sprechen. Wir sind fasziniert von Steffis lockerer und authentischer Art. Am Ende haben wir alle ihre Youtube Videos verlinkt. Doch nun erstmal zu ihrer Geschichte…
In einem vorangestellten Artikel geht es darum, was Katonah Yoga genau ist und um die Verbindung zum Taoismus.
Wer ist Steffi Grube?
Hej, ich bin Steffi Grube und ich bin Yogalehrerin, Coach und Autorin. Ich bin Mitgründerin des Yogastudios This Is Holy – wir haben ein wunderschönes Studio in Köln, in dem alle Klassen auch online unterrichtet werden. Neben dem Yoga-Unterricht biete ich noch Coaching-Kurse an und schreibe Radio-Feature für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Ich schreibe aber auch für meine Webseite Kurzgeschichten und Texte.
Ich liebe Bewegung – selbst wenn ich mich manchmal dazu überreden muss. Aber ich weiß, dass Bewegung ein ganz krasser Schlüssel ist zu Gesundheit und einem guten Gefühl. Da ich lange Leistungssport gemacht habe in meiner Jugend (Taekwon Do), habe ich nach dem Abitur und mit meinem Umzug nach Köln etwas gesucht, was keine Performance ist und kein Wettkampf! Wettkämpfe haben mich nämlich enorm gestresst. Und da lag Yoga für mich sehr nah.
Irgendwie habe ich von Anfang an gewusst, dass ich Yoga auch unterrichten möchte – und nicht nur selbst üben. Das war vielleicht ein wenig komisch für viele, ich konnte es auch nicht so richtig erklären – aber ich habe direkt mit Anfang 20 mit Yoga angefangen und gleichzeitig eine Ausbildung zur Yogalehrerin gemacht. Und dann während meines Studiums schon total viel unterrichtet und auch Workshops gegeben und in Ausbildungen mit-unterrichtet. Ich bin also sehr früh auch mit dem Unterrichten eingestiegen. Und habe mich so neben journalistischen Jobs und Kellnern auch mit Yoga finanziert. Das ist ein wichtiger Aspekt meines Jobs, denn so habe ich schon früh gelernt, was es heißt, von dem eigenen Yoga-Unterricht zu leben und was verschiedene Ideen dazu sein könnten.
Die Kunst offline und online Angebote zu kombinieren
Ein eigenes Studio wollte ich lange nicht haben – ich bin ja auch Autorin und bin auch schon aufgrund von Recherchen etc. gerne und viel unterwegs. Und es erforderte ein wenig Mut, beides miteinander zu verbinden: ein Studio zu haben mit festen Kurszeiten und unterwegs zu sein. Aber irgendwann führte einfach kein Weg mehr vorbei an einem eigenen Studio: Ich wollte meine eigenen Ideen umsetzen und frei sein bei der Gestaltung meines Unterrichts, aber auch einfach so ein Gesamt-Paket anbieten – was ohne eigenes Studio einfach schwer ist.
Ich wollte schon immer auch online unterrichten. So kann ich auch mal weg sein und trotzdem meine Stunden unterrichten. In der Corona Zeit – wir hatten This Is Holy kurz zuvor eröffnet als reales Studio in Köln – sind wir dann komplett auf online gegangen und ich habe all meine Kraft und Recherche in guten und qualitativen Online-Unterricht gesteckt. Ich liebs bis heute. Ich lerne selbst total viel und oft online bei meiner Lehrerin Abbie Galvin – und ich möchte das auch anderen ermöglichen.
Wie ich zum Katonah Yoga kam
Katonah Yoga ist meine 2te große Yogaliebe – vorher habe ich Jivamukti Yoga lange Zeit unterrichtet. Und ich liebe es auch heute noch. An Jivamukti Yoga hat mich total das Politische interessiert – dass Yoga auch ein Aufruf zu Aktivismus sein kann. Ein Aufruf, sich einzumischen. Ich kann nämlich nicht viel anfangen mit Floskeln wie „Love & Light“. Ich mag es oder empfinde es auch als meine Aufgabe, auf Dinge aufmerksam zu machen, die für mich nicht ok sind. In Katonah Yoga hat mich direkt gecatcht, dass wir mit Metaphern arbeiten, die sich auf den Alltag und das Leben übertragen lassen. Die mich auch mehr ins Aktive bringen, in Nachdenken und Hinterfragen.
Das erste Mal, als ich selbst Katonah Yoga geübt habe, war 2016 in New York. Da war ich in meiner allerersten Stunde bei Abbie Galvin. Und sie meinte zu mir: „You muscle through“ – was übersetzt sowohl auf körperliche Art auf meine Praxis zugetroffen hat als auch mental: Viele der Positionen hatten bei mir mit Anstrengung zu tun, mit viel Muskelarbeit. Sich durchs Leben arbeiten kann „muscle through“ auch bedeuten. Und da fühlte ich mich definitiv ertappt. Ich hatte schon die Überzeugung, dass das Leben an sich anstrengend ist und dass man sich da irgendwie auch durchkämpfen muss. Und da war ich dann ja doch wieder, 10 Jahre nach meinem Beenden des Leistungssports, bei Wettkampf angekommen.
Was mich Yoga lehrt
Ich bin jetzt 41 und übe seit ungefähr 8 Jahren Katonah Yoga. Heute geht es bei mir viel darum, die Leichtigkeit und meine Energie zu halten. Präsent zu sein für alles, was da ist im Leben. Gestern zum Beispiel ist mein gerade erst gebraucht gekaufter Mini mit Motorschaden auf der Autobahn liegengeblieben und musste abgeschleppt werden. Ich war auf dem Weg zu dem Geburtstag meiner Nichte, die 3 geworden ist. Den Motorschaden nicht so tragisch zu nehmen, präsent zu bleiben, auch um 19 Uhr (nach abgeschleppt werden und in der Werkstatt warten) dann noch mit Freude meiner Nicht das Geburtstagsgeschenk zu geben und mit ihr noch 2 Stunden zu feiern und sie ins Bett zu bringen – das hätte ich vor 10 Jahren nicht geschafft. Also ÄßERLICH hätte ich das auch geschafft. Da hätte sich dann aber in mir alles um das Auto gedreht und ich hätte mich gar nicht auf etwas anderes konzentrieren können. Aber was ist wirklich wichtig? Diesen Fokus auf der Matte und im Alltag nicht zu verlieren, das ist ein großer Benefit für mich.
Elegant und mit Leichtigkeit älter werden
Ein anderes wichtiges Yoga-Thema ist für mich, elegant und mit Leichtigkeit älter zu werden. Als Frau in einer westlichen Gesellschaft geht es mir auch im Yoga darum, mein Älterwerden als normal zu empfinden. Was bedeutet: Wir alle werden älter. Und ein Role Model für andere zu sein, nicht gegen das eigene Alter zu arbeiten. Dahinter steckt: Sich nicht über das eigene Aussehen zu definieren und nicht immer zu feiern, wenn Menschen mich jünger schätzen. Ich hatte schon früh gemerkt, mit Anfang 20, dass ich im Yoga nicht viele ältere Lehrer*innen hatte – also Frauen über 50 würde ich jetzt mal so grob sagen – die Role Model für mich waren. Oft ging’s auch im Yoga um eine oberflächliche Definition von Schönheit; und Jugend blieb das immer unerreichbarere Ziel. Meine Lehrerin Abbie Galvin ist ein großes Vorbild für mich. Sie ist über 65.
Das Magic Square – Katonah Yoga auf deutsch
Wenn ich sage, dass Katonah Yoga sehr praktisch ist, meine ich damit: wirklich auf den Alltag übertragbar und lösungsorientiert. Es gibt zum Beispiel ein Bild, mit dem wir sehr viel in Katonah Yoga arbeiten: Den Magic Square. Das ist eine Zahlenkombination, 3 Reihen á 3 Ziffern. Eigentlich handelt es sich um eine Zahlenmystik aus der Chinesischen Medizin, Lou Shu genannt. Den Magic Square kann man benutzen als Orientierung. Die einzelnen Ziffern haben bestimmte Eigenschaften – und wir können jede dieser Ziffern als eigenen Raum begreifen. Wir können uns auch ganz real auf einen (großen) Magic Square legen und die einzelnen Zahlen in unserem Körper verankern.
Die 1 ist zum Beispiel ganz unten und in der Mitte des Quadrats. In unserem Körper befindet sich die Zahl in unserem Becken und unseren unteren Rücken. Die Zahl 1 bedeutet immer: ein Anfang, ein Beginn. Hier startet etwas. In Katonah Yoga sagen wir, dass die untere Zahlenreihe und damit auch die 1 für „basic needs“ steht. Für alles, was wir zum Überleben brauchen: Food Money Sex Water. Hier, in dem unteren Stockwerk (die untere Zahlenreihe), gibt es kein Grübeln oder in Gedanken sein, hier gibt es auch kein Handeln und Tun. Hier sind wir einfach nur.
Die 2, unsere 2te Zahl, ist ganz woanders: Sie ist in der obersten Zahlen-Reihe. Wenn wir von vorne draufgucken, ganz links. Wenn wir uns mit dem Rücken auf den Square legen, können wir die 2 in unserem Kopf verorten, sie ist das rechte Auge. Hier, im obersten Stockwerk, herrscht eine ganz andere Stimmung als im untersten. Hier dreht sich alles um die Gedanken. Es ist luftiger, aber auch feinstofflicher und damit nicht so leicht greifbar. Die 2 steht für eine Reaktion. Die 1 ist der Beginn, etwas passiert. Und die 2 ist die Reaktion darauf. Wir könnten sagen, es ist der Raum hinter dem rechten Auge, unser Gehirn. All unsere Erfahrungen melden sich, wenn wir eine Reaktion auf etwas haben. Wir vergleichen bewusst oder unbewusst, ob das schon mal passiert ist, ob wir Informationen dazu haben, an was uns das erinnert.
Die 3 sitzt in der mittleren Reihe (die, die uns jetzt noch fehlt), ganz rechts, wenn wir von vorne auf den Square gucken. Und wenn wir uns drauflegen, dann ist das der Raum unseres Herzens und des linken Arms und der linken Hand. Hier, in diesem Raum, legen wir die Hand aufs Herz und werden uns bewusst, was wir fühlen. Wie geht es uns mit dem, was passiert ist? 1 ist: etwas passiert, etwas kommt ins Leben. 2: Wir haben eine Reaktion darauf. 3: Was fühle ich dazu? Diese mittlere Reihe, in Katonah Yoga sprechen wir von Stockwerken, steht fürs Tun, für Machen und fürs Sprechen. Die drei steht auch dafür, unsere Gefühle ausdrücken zu können. Das Herz sozusagen auf der Zunge zu tragen.
Das sind die ersten drei Zahlen – insgesamt gibt es (logischerweise) 9 Zahlen. Auch hier ist es für mich super hilfreich, den Magic Square in meinen Körper zu packen. Ihn sozusagen zu „verkörpern“. So bietet er mir eine praktische Orientierung in meinem Leben.
Räume und Stockwerke
In den Katonah Yoga Klassen spielen wir oft mit den Räumen und/oder Stockwerken. Je öfter ich etwas höre, desto schneller kann ich Verbindungen herstellen zu meinem eigenen Körper. Aber auch als Lehrerin helfen mir die einzelnen Räume bei dem Beobachten meiner Schüler*innen und beim Verstehen ihrer Körper. Ich muss so nicht anatomisch denken – was manchmal ja auch nicht hilfreich ist, wenn ich den ganzen Körper verstehen will. Ich denke holistisch.
Falten und Entfalten
Auch die Metapher des Faltens und Entfaltens im Katonah Yoga ist nicht anatomisch zu verstehen, sondern: Wie ein Blatt Papier kannst du dich aus der Hüfte heraus falten. Das ist eine Möglichkeit, die wir in unserem Körper haben. Aber durch viele Fehlbelastungen, viel Sitzen und die Wirbelsäule Runden falten wir dann im Alltag und auch im Yoga nicht mehr so sehr aus der Hüfte heraus – sondern aus dem unteren Rücken.
Das Falten und Entfalten soll uns zurück in eine Mühelosigkeit bringen. Dass wir nicht so sehr muskulär arbeiten müssen. Und wenn wir das dann erleben, wenn wir (oft durch Jahre-langes Üben) den Unterschied spüren zwischen einem Kraftaufwand – und dann, wie einfach es sein kann, wenn wir unseren Körper mühelos in Positionen bringen, dann merken wir auch, was Mühelosigkeit in unserem normalen Leben und Alltag sein kann.
Liebe Steffi, wir danken dir von Herzen für deine tollen Erklärungen zu Katonah Yoga und wie du die Metaphern auf deutsch übersetzt hast. Hast du auch direkt Lust bekommen mit Steffi zu üben? Für dich haben wir direkt neue Videos auf unserem hejhej Youtube Kanal mit Steffi auf ihrem Studio This is Holy in Köln aufgenommen. Viel Spaß beim Praktizieren!